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Weihnachtszeit - Horrorzeit

 ·  ☕ 4 Minuten zum Lesen  ·  ✍️ dark*

Der Beitrag fängt an wie andere Weihnachtsbeiträge von mir auch, harmlos und ganz okay. Und bis gestern war es das irgendwie auch. Aber dann …

Anfang Dezember war es soweit, die Vorweihnachtszeit wurde eingeläutet. Den Anfang machte mein Küchenkalender.

Kalenderblatt

Am ersten Dezember-Wochenende haben wir auch ein wenig geschmückt.

Da wir auch in diesem Jahr wieder geplant hatten, die Weihnachtstage selbst irgendwo in Norwegen zu verbringen, wollten wir den großen Tannenbaum nicht aufstellen. Zur Deko stellten wir aber mein kleines, über 20 Jahre altes 60-cm-Weihnachtselend auf, geschmückt mit den selbstbemalten Kugeln. Die Entstehung der R2D2-Kugeln habe ich in diesem Blogbeitrag aufgeschrieben.

Selbstverständlich backten wir auch eine Menge Plätzchen, wir machten leicht deformierte Zimtsterne, Schwarz-Weiß-Gebäck, Vanillekrüpperl, Marzipankartoffeln, von denen die meisten gar nicht bis zum Schälchen überlebt haben, Rumkugeln, Spekulatius und Schmalzplätzchen natürlich.

In der Woche vor Weihnachten stellte sich dann heraus, was wir zuvor schon befürchtet hatten: Die Werkstatt kann die Probleme, die unser Auto hat, nicht beheben. Am Donnerstag kam dann die endgültige Absage und es war klar, dass wir über Weihnachten in Rostock sein würde.

Am Freitag und am Samstag backte ich dann nochmal Plätzchen und versuchte, mich mit der Situation abzufinden, was mir eigentlich auch ganz gut gelang. Und für das Frühstück an den Weihnachtstagen machten wir uns am 23. Dezember sogar noch einen leckeren Hefezopf.

Hefezopf

Der Heiligabend war eigentlich ein Tag wie jeder andere auch, nur mit Plätzchen und Schweinebraten.

Plätzchenteller

“It’s dangerous to go alone! Take this.”, schrieb ich dazu im Sozialen Netzwerk. Allerdings war dies kein Zelda-Tag, sondern wir spielten, wie es eine zeitlang Tradition bei uns war, eine Runde Worms am heiligen Abend, wofür ich mich nach drei Jahren mal wieder bei Steam angemeldet habe.

Worms

So weit, so gut, ein ganz normales Weihnachtsfest bisher. Aber gestern Nachmittag kippte dann die Stimmung und irgendwann war sie auf dem Tiefpunkt.

Früher habe ich Weihnachten gehasst. Als meine Tochter auf der Welt war, war es auch immer stressig: Familie hier, Familie dort, jeder hat Ansprüche und jeder ist beleidigt, wenn die nicht erfüllt werden. Typisches Weihnachtsgedöns halt, zum Kotzen. Dann die Trennung vom Kindsvater, die schonmal etwas Stress rausnahm, und später auch von meiner Familie. Endlich konnte ich meine Zeit über Weihnachten einteilen, wie ich wollte, ohne auf irgendjemanden Rücksicht nehmen zu müssen. Weihnachten wurde schön. Meine Tochter und ich machten uns ruhige Tage, luden Leute ein, gingen zu anderen zu Besuch usw. Ich fand’s schön. Dann trat der Herr Lebensabschnittsgefährte in mein Leben und brachte eine Familie mit. Dann gründete meine Tochter eine eigene Familie. Und plötzlich waren sie wieder da, die Ansprüche und das Weihnachtsgedöns. Meine Tochter mochte unsere Weihnachten anscheinend nicht so sehr oder vermisste irgendwas, denn sie fing auch mit dem scheiß Weihnachtsstress an, tagelang die Wohnung zu putzen und zu schmücken und drei Tage lang irgendeinen Scheißdreck für etliche Leute zu kochen, die dann alle an einem Tisch zu Besuch kommen sollten. Auch noch unter erschwerten Bedingungen, weil die Protagonisten mehrere Hundert Kilometer voneinander entfernt wohnen. Meine Lust, die Weihnachtstage auf bundesdeutschen Autobahnen zu verbringen, um nur ja jeden zufrieden zu stellen, hält sich in engen Grenzen.

Deswegen finde ich Weihnachten mittlerweile wieder ziemlich Scheiße und will jedes Jahr wegfahren, um mir all das nicht antun zu müssen. Auch wenn es jetzt gar nicht mehr so stressig wäre, denn der Kontakt zu meiner Tochter ist schon lange abgebrochen. Und seit Ausbruch der Pandemie sind wir auch nicht zu Weihnachten zur Familie des Herrn Lebensabschnittsgefährten gefahren. Auch jetzt nicht, wo doch alle das Virus krampfhaft als “nicht mehr so gefährlich” deklarieren. Unter den Folgen des “Nicht mehr so gefährlich”-Virus leide ich seit Juni 2022, ich habe aktuell bereits zwei Lungenkrankheiten, ich brauche keine zusätzlichen Viren oder sonstige Erreger. Aber das ist wieder ein ganz anderes Thema.

Da das Auto Weihnachten in der Werkstatt feiern muss, fiel Wegfahren dieses Jahr auch flach.

Ein Weihnachten wie früher, das ich stets mit Leuten verbracht habe, mit denen ich die Zeit auch verbringen will, fällt schon lange flach, denn es gibt - vom Herrn Lebensabschnittsgefährten abgesehen - in meiner Umgebung keine Leute mehr, mit denen ich Weihnachten verbringen will. Und das ist vielleicht eines meiner größten Probleme. Als ich aus NRW wegzog, habe ich schon einige Leute hinter mir gelassen, was sich durch die Distanz auch zwangsläufig so ergibt, der Rest ist eingeschlafen. In Darmstadt haben sich kaum Kontakte ergeben und hier in Rostock kenne ich überhaupt niemanden. Was ich aber auch gar nicht so sehr beklage, denn ich habe eigentlich gar keine Lust bzw. kein Interesse mehr daran, mich näher auf Menschen einzulassen.

Und so sitze ich hier mit dem Herrn Lebensabschnittsgefährten. Klar, wir machten uns etwas Leckeres zu essen, wir haben Plätzchen gebacken und sogar die Wohnung ein wenig geschmückt. Aber mit am Tisch sitzt halt immer diese Leere und die Ideenlosigkeit, wenn es darum geht, die Leere mit irgendetwas aufzufüllen.

Deswegen wird’s jetzt am Ende des Beitrags sogar noch ein wenig christlich:

Thank God, it’s over.

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